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Vortrag von Prof. Dr. Susanne Enderwitz: Von der Exotik zur Revolution
Gedichte von Ferdinand Freiligrath
Der Mohrenfürst
Auf der Messe, da zieht es, da stürmt es hinan
Es schmettern Trompeten, das Becken klingt,
Dumpf wirbelt die Trommel, Bajazzo springt.
Und an der Reitbahn verschleiertem Thor
Steht ernst ein krausgelockter Mohr;
Die türkische Trommel schlägt er laut,
Auf der Trommel liegt eine Löwenhaut.
Er denkt an den fernen, fernen Niger,
Und dass er gejagt den Löwen, den Tiger;
Und dass er geschwungen im Kampfe das Schwert,
Und dass er nimmer zum Lager gekehrt;
Sein Auge ward nass; mit dumpfem Klang
Schlug er das Fell, dass es rasselnd zersprang.
Trotz alledem!
Ob Armuth euer Loos auch sei,
Hebt hoch die Stirn, trotz alledem!
Geht kühn den feigen Knecht vorbei;
Wagt's, arm zu sein trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz niederm Plack und alledem,
Der Rang ist das Gepräge nur,
Der Mann das Gold trotz alledem!
Und sitzt ihr auch beim kargen Mahl
In Zwilch und Lein und alledem,
Gönnt Schurken Sammt und Goldpokal -
Ein Mann ist Mann trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Prunk und Pracht und alledem!
Der brave Mann, wie dürftig auch,
Ist König doch trotz alledem!
Heißt "gnäd'ger Herr" das Bürschchen dort,
Man sieht's am Stolz und alledem;
Doch lenkt auch Hunderte sein Wort,
'S ist nur ein Tropf trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Band und Stern und alledem!
Der Mann von unabhängigem Sinn
Sieht zu, und lacht zu alledem!
Scharz-Rot-Gold
In Kümmernis und Dunkelheit,
Da mußten wir sie bergen!
Nun haben wir sie doch befreit,
Befreit aus ihren Särgen!
Ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!
Hurra, du Schwarz, du Rot, du Gold!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Das ist das alte Reichspanier,
Das sind die alten Farben!
Darunter haun und holen wir
Uns bald wohl junge Narben!
Denn erst der Anfang ist gemacht,
Noch steht bevor die letzte Schlacht!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Ja, die das Banner ihr gestickt,
Ihr Jungfern unverdrossen,
Derweil am Feuer wir gebückt
Uns Flintenkugeln gossen:
Nicht, wo man singt nur oder tanzt,
Geschwungen sei’s und aufgepflanzt! -
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Denn das ist noch die Freiheit nicht,
Die Deutschland muß begnaden,
Wenn eine Stadt in Waffen spricht
Und hinter Barrikaden:
»Kurfürst, verleih! Sonst - hüte dich! -
Sonst werden wir - - großherzoglich!«
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Die ungeteilte, ganze,
Wenn man ein Zeughaustor erbricht,
Und Schwert sich nimmt und Lanze;
Sodann ein Weniges sie schwingt,
Und - folgsamlich zurück sie bringt!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Wenn ihr an Brockhaus’ Glase
Ausübt ein klirrend Strafgericht
Ob einer Dresdner Nase!
Was liegt euch an dem Sosius?
Drauf: - in die Hofburg Stein und Schuß!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Wenn man, statt mit Patronen,
Mit keiner andern Waffe ficht,
Als mit Petitionen!
Du lieber Gott: - Petitioniert!
Parlamentiert, illuminiert!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Sein Recht als Gnade nehmen
Von Buben, die zu Recht und Pflicht
Aus Furcht nur sich bequemen!
Auch nicht: daß, die ihr gründlich haßt,
Ihr dennoch auf den Thronen laßt!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Die Freiheit ist die Nation,
Ist aller gleich Gebieten!
Die Freiheit ist die Auktion
Von dreißig Fürstenhüten!
Die Freiheit ist die Republik!
Und abermals: die Republik!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Die eine deutsche Republik,
Die mußt du noch erfliegen!
Mußt jeden Strick und Galgenstrick
Dreifarbig noch besiegen!
Das ist der große letzte Strauß -
Flieg aus, du deutsch Panier, flieg aus!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Zum Kampfe denn, zum Kampfe jetzt!
Der Kampf nur gibt dir Weihe!
Und kehrst du rauchig und zerfetzt,
So stickt man dich aufs neue!
Nicht wahr, ihr deutschen Jungfräulein?
Hurra, das wird ein Sticken sein!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Und der das Lied für euch erfand
In einer dieser Nächte,
Der wollte, daß ein Musikant
Es bald in Noten brächte!
Heißt das: ein rechter Musikant!
Dann kläng’ es hell durchs deutsche Land:
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!